Eine wichtige Frage: Wohin sollen die Rotkernbuchen gehen – in den Heizkessel, nach China oder in die heimische Möbelverarbeitung? Foto: zVg

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Rotkern: Das Nutzungspotenzial wird noch immer nicht erkannt

In Schweizer Wäldern beträgt der Buchenanteil circa 20%. Grosse, alte Buchen sind am stärksten vom Klimawandel betroffen und weisen den höchsten Anteil an Rotkern auf. Diese besondere Färbung des Buchenholzes wird noch immer zu wenig geschätzt.

Vincent Barbezat* | Soweit wir uns zurückerinnern, haben Holzhändler Buchenholzstämme mit einem roten Kern systematisch abgewertet, und zwar stützten sie sich dabei auf die hochoffizielle Bibel «Schweizer Handelsgebräuche für Rohholz». Dieser «Makel» bleibt also nicht ohne Folgen für Waldbesitzer, in deren Wäldern Buche vorkommt.

2004 hat die Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) in einer vom Wald- und Holzforschungsfonds (heute Wald- und Holzforschungsförderung Schweiz WHFF-CH) kofinanzierten Studie geschätzt, dass fast die Hälfte der Buchen in der Schweiz einen Rotkern aufweisen und dass der Wertverlust durch Deklassierung von der B- zur C-Qualität mehrere Millionen Franken pro Jahr betrug. Dieser hohe Verlust wird im Wesentlichen nur auf ein ästhetisches Kriterium zurückgeführt, auf eine Mode also, die nicht nur in der Schweiz, sondern auch in Frankreich und anderen Ländern verbreitet ist.

Aus Sorge über die Abwertung der Kernbuchen hat die Region Neckar-Alb in Baden-Württemberg bereits Anfang der 2000er-Jahre in Zusammenarbeit mit der Forstdirektion Tübingen eine breit angelegte Aktion zur Förderung dieses Holzes gestartet. Eine Studie aus dem Jahr 2003 versuchte zunächst, Fragen zur Anatomie und Technologie des Holzes, zu regionalen, gegenwärtigen und zukünftigen Marktbedingungen, zu Produkten usw. zu erfassen. Dies führte Ende 2002 zur Gründung der Interessengemeinschaft für farbkerniges Holz und naturnahe Waldwirtschaft (IG Rotkern), die auf Landesebene Forstverwaltungen und Waldbesitzer, Naturschutz, Architekten, Industrie und Holzhandwerk zusammenbringt.

Peter Seiffert, stellvertretender Direktor des Regionalverbands Neckar-Alb, war von Anfang an treibende Kraft hinter dieser Initiative und bestätigt auf Anfrage: Durch die jährlich erscheinende Zeitung «Kernholz» habe man innerhalb von fünf Jahren einen bundesweiten Bekanntheitsgrad erreicht. «Wir konnten ein Netzwerk aufbauen, das sich von Nord- bis Süddeutschland und sogar bis ins Herzogtum Luxemburg erstreckt», so Seiffert. «Die rotkernige Buche ist mittlerweile in der gesamten deutschen Möbelindustrie und bei Tischlern zu finden. Architekten, Innenarchitekten und Designspezialisten wissen, worum es sich handelt und was man damit machen kann.» Dies fördere einen möglichst geringen Transportaufwand. Auch wenn Deutschland rotkernige Buchen noch immer exportiere, sei dieses Holz mittlerweile bekannt und etabliert. «Es ist in allen Regionen, in denen diese Baumart vorkommt, Teil der Wertschöpfungskette», sagt Seiffert.

Diese Initiative, die in Deutschland seit zwanzig Jahren umgesetzt wird und Früchte trägt, scheint bis heute nicht auf die Schweiz übertragbar zu sein. Unser Land ist zu klein, es fehlt die verarbeitende Industrie, die Sägewerke müssen ständig ums Überleben kämpfen, viele sind bereits verschwunden. Die Sägekapazitäten sind sehr begrenzt, ganz besonders beim Laubholz (mit oder ohne roten Kern, das ist hier nicht mehr die Frage). Jede Neugründung oder auch nur eine Vergrösserung und Weiterentwicklung des Bestehenden ist mit starken Einschränkungen verbunden. Hindernisse sind unter anderem die strengen Raumordnungsgesetze, der Mangel an verfügbarem Land und die unerschwinglichen Grundstückspreise bei einem Gewerbe, das viel Platz braucht.

Was die Schweizer Schreiner betrifft, so scheinen sie nicht wirklich an Kernbuchenholz interessiert zu sein. Die beiden auf Laubholz spezialisierten Westschweizer Säger Gauthier Corbat von der Groupe Corbat Vendlincourt SA (JU) und Bertrand Burgat von der Sägerei Burgat SA in St-Aubin-Sauges (NE) sind sich einig: Besondere Rotkernholz-Anfragen von Handwerkern sind selten.

Schnittholz und Stämme für den Export

Was also soll man mit diesem Holz tun, da die Schreinerei derzeit nicht bereit scheint, ein nennenswertes Volumen aufzunehmen, und es kaum grosse Möbelunternehmen gibt? Eine Möglichkeit besteht darin, es ins Ausland zu verkaufen. Bertrand Burgat exportiert über 90% seines Buchenschnittholzes nach Nordafrika, Vietnam und China.

Didier Adatte, Direktor der Pro Forêt SA in Porrentruy (JU), sieht sich mit seiner «Centrale de vente du bois» (Holzverkaufszentrale) gezwungen, einen Teil der jurassischen Buchen in Form von Rundholz zu exportieren: «Beim Export sind Aspekte wie die Abwesenheit von Krümmungen und Rissen wichtiger als die Frage nach dem Farbkern. Der stellt zwar eine Abwertung dar, aber nur eine geringe, besonders bei grösseren Durchmessern, beispielsweise der Klasse 5 mit 50 Zentimetern und mehr», sagt Adatte. 

Ein Stamm mit Rotkern sei in dieser Klasse begehrter und werde besser bezahlt als eine Buche mit Weisskern in Klasse 4. «Die Hälfte unserer Stämme wird in den beiden Sägewerken des Kantons, Schmidlin SA in Ederswiler und Groupe Corbat Vendlincourt SA, verarbeitet. Die andere Hälfte geht in den Export, drei Viertel nach China und ein Viertel nach Europa», so Adatte. Bei dem grossen Interesse an Energieholz und den derzeitigen Preisen gehen Buchen mit kleineren Durchmessern zum Heizen weg.

Buchen mit Rotkern besser verheizen?

Letztlich ist für alle die Rentabilität ausschlaggebend, und der Mark diktiert die Regeln. Es ist also durchaus verständlich, dass die Rotkernbuche im Heizkessel landet oder als Industrieholz verkauft wird, wenn sie anderweitig zu sehr abgewertet wird und die Kapazitäten fehlen, um sie in der Schweiz zu verarbeiten. Dieser Artikel will das nicht verurteilen. Andererseits scheint es vor dem aktuellen Hintergrund der Kohlenstoffspeicherung legitim zu sein, sich zu fragen, wie die Kohlenstoffbilanz eines Kubikmeters Rotkernbuche aussieht, wenn sie lokal in Energie umgewandelt wird, im Vergleich zu einem Kubikmeter, der hier gesägt, nach China oder Nordafrika exportiert und dann in Form eines Möbels oder eines anderen Endprodukts wieder importiert wird.

Die Firma Fagus Suisse SA in Les Breuleux (JU) stellt in ihrem hochmodernen und landesweit einzigartigen Produktionszentrum für Laubholz moderne Holzprodukte her. Es ist ein Unternehmen mit einem unglaublichen Innovationsgeist, welches das Potenzial von Buchenholz – mit und ohne Farbkern – für den Bau von wunderschönen Parkettböden erkannt hat. Die Schweiz, ihre Unternehmer, Holzingenieure und Waldbesitzer zeigen damit, dass rasante Fortschritte bei der Holzverarbeitung möglich sind.

Um die notwendige Nachhaltigkeit zu gewährleisten, hat das Land ein grosses Interesse daran, sowohl diese Art von sehr hochwertiger Entwicklung als auch die Sägewerke voll zu unterstützen. Der ganze Verarbeitungsprozess erfordert grosse Kapazitäten für das Sägen, Trocknen und Zuschneiden, ganz zu schweigen vom Platz für die Lagerung. Denn die Nachfrage nach Holz explodiert nicht nur beim Energieholz, sondern auch beim Bauholz. 

*Vincent Barbezat ist freischaffender Forstingenieur.

 

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