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Verband & Politik | ZeitschriftenLesezeit 3 min.

Mondholz: Eine alte Tradition entwickelt sich zum Trend

Holz, das in der kalten Jahreszeit in der richtigen Mondphase geschlagen wird, soll über herausragende Eigenschaften verfügen. Diesen wird man sich wieder vermehrt bewusst. Die Nachfrage danach steigt. Davon profitieren auch Forstbetriebe.

Sarah Sidler | Die Eigenschaften von Mondholz werden seit Jahrhunderten von Kulturen weltweit geschätzt. Auch gemäss alten Schweizer Bauernregeln gilt Holz, das bei nidsigend, also abnehmendem Mond, in der kalten Jahreszeit gefällt und langsam getrocknet wird, als besonders robust. Es sei dichter und verhalte sich ruhiger, da es weniger Feuchtigkeit verliere.

Laut einer Studie des Forstingenieurs Ernst Zürcher verfügt Holz tatsächlich über unterschiedliche Eigenschaften, je nach Mondphase, in welcher es geschlagen wurde. Ernst Zürcher ist Forstingenieur, Lehrbeauftragter für Holzkunde an der ETH Zürich sowie EPFL Lausanne und emeritierter Professor für Holzwissenschaften an der Berner Fachhochschule. 

Damit Holz zu Mondholz wird, soll es an bestimmten Tagen gefällt werden, welche dem Mondholzkalender in der Heftmitte entnommen werden können. In einigen Regionen hält man sich an alte Bauernkalender. Bestenfalls bleiben die Stämme nach dem Fällen Wipfel voran im Hang liegen gelassen. Die Äste bleiben dran. «Unser Holz bleibt bis im Frühling im Wald liegen. Dies lindert den Fällschock, die Zellen öffnen sich und das Wasser fliesst selbst im gefällten Baum wieder in die Äste zurück. Dadurch werden die Stämme leichter und dichter», berichtet Urs Jann. Er betreibt zusammen mit Franz DeBaere die Mondholzwerkstatt in Wolfenschiessen (NW). Dass ihre Stämme weniger wiegen als herkömmlich geschlagene, sei ihnen vom Transporteur bestätigt worden. Beide sind von den Qualitäten dieses Holzes überzeugt. 

Mondholz tönt anders 

Urs Jann ist gelernter Möbelschreiner und machte 20 Jahre lang Möbel-Restaurationen. Vor rund 13 Jahren erfuhren sie durch Sigmund Schuster und Erwin Thoma von Mondholz. «Besonders beeindruckt war ich vom unterschiedlichen Klang der Instrumente, welche aus diesem Holz hergestellt worden sind», berichtet Urs Jann. Die Philosophie ergebe für ihn absolut Sinn: «Die Bäume atmen bei Vollmond ein und kommen in die Kraft. Bei abnehmendem Mond atmen sie aus, oder lassen los, was zu entspanntem, ruhigem Holz führt.» 

«Mondholz ist gesünder, stabiler und es verzieht sich weniger, da es natürlich trocknete», sagt Urs Jann. Bei der Verarbeitung sei der Unterschied jedoch minim. In der Mondholzwerkstatt werden vor allem Fichten, aber auch Buchen, Linden, Ahorne, Nussbäume und Eschen verarbeitet, meist zu Betten. Denn Mondholz gleiche das Klima aus und halte schädliche Strahlen ab, etwa von Wasseradern und Elektrosmog. 

Mondholz gehört zum Appenzellerland

Während die Geschäftspartner der Mondholzwerkstatt vor zwölf Jahren für ihre Philosophie belächelt wurden, erhalten sie heute Aufträge aus der ganzen Schweiz. «Das Interesse wächst», so Urs Jann. Als sie begannen, im Winter geschlagene Bäume bis im Frühling liegen zu lassen, sei es anfangs nicht ganz einfach gewesen, die beteiligten Förster und Bauern von den Vorteilen dieser Art des Holzschlags zu überzeugen. Heute sei die Zusammenarbeit eingespielt, und die Kontaktaufnahme erfolge beidseitig. Das Duo hat Zugang zu einem alten Baumbestand des Klosters Engelberg mit 200 bis 300 Jahre alten und bis zu 40 Meter hohen Fichten auf der Gerschnialp im Engelbergertal.

Bereits seit der Firmengründung 1959 verarbeitet die Frehner Holzbau AG in Gais (AR) Mondholz. «Dieses Holz gehört zu unserem Betrieb und unserem Handwerk. Ich wuchs damit auf, dass Bäume im Winter im richtigen Zeichen gefällt werden», sagt Geschäftsführer Thomas Frehner. Für den Förster reichen drei bis vier Fälltage im geeigneten Zeichen, um seinen Bedarf zu decken. Wann diese sind, liest er aus dem Appenzeller Kalender. «Der Mond muss abnehmend, nidsigend, in Waage sein, dann bleibt das Holz fest und verwirft nicht.» Der kürzeste Tag im Jahr eigne sich ebenfalls gut.  

Genauso wichtig wie das Fällen zum richtigen Zeitpunkt ist für Thomas Frehner die schonende Trocknung: «Wir lassen die Bretter zwischen zwei und fünf Jahre lang lufttrocknen und dann, je nach Anwendung, noch rund einen Monat in geheizten Räumen. Kommt Mondholz zu früh in den Ofen, werden positive Eigenschaften zerstört», ist er überzeugt.

Jährlich verarbeitet die Firma rund 100 Kubik, also etwa 100 Fichten, welche nach dem Mondholzprinzip in Gais geschlagen wurden. Diese Bäume werden nicht mit dem Wipfel voran im Wald liegen gelassen, sondern geordnet am Rande einer Forststrasse. Die Mondholzbretter und -dielen werden meist zu Fassaden und Böden von Appenzeller Häusern verarbeitet. Die benötigte Menge entspricht rund 20 Prozent des Holzes, welches die Firma verbaut.
«Die Nachfrage nach Mondholz ist gestiegen. Es gehört inzwischen zum guten Ton, dieses im Sortiment zu haben», sagt Thomas Frehner. Im Appenzellerland schlagen inzwischen einige Mondholz. Ein offizielles Label dafür gibt es jedoch nicht. 

Nachfrage hat sich verzehnfacht

Von der gestiegenen Nachfrage kann Manfred Hutter vom Forstbetrieb Gais ein Lied singen: «Wir fällen seit 20 Jahren Mondholz. Im grösseren Stil jedoch erst seit Kurzem. Die Nachfrage danach hat sich fast verzehnfacht.» Nun wird ein Drittel der Waldnutzung des Forstreviers zu Mondholz. Davon machen Fichten 90% und Weisstannen 10% aus. Diese Menge an den richtigen Tagen in den entsprechenden Mondphasen zu fällen, sei organisatorisch jedoch nur deshalb möglich, weil ein grosser Teil der Bäume in der gewünschten Mondphase geringelt wird. Nach Abstellen des Saftstroms werden diese Bäume noch ungefähr sechs Wochen stehen gelassen, bevor sie gefällt werden.

Manfred Hutter freut sich darüber, mehr Mondholz zu fällen. «Dafür verlangen wir pro Kubik bis zu 15 Franken mehr.» Auf die Frage, ob er denn auch an den positiven Effekt glaube, meint er: «Ich denke, Mondphasen haben einen kleinen, aber entscheidenden Einfluss auf die Qualität des Holzes. Dieser darf jedoch nicht überschätzt werden.» 

Kurze Tage seien immer gut zum Fällen. Laut Kalender kommen bereits im Oktober Mondholztage vor. «Ich frage mich, wie viel die richtige Mondphase ausmacht, wenn die Bäume noch voll im Saft stehen.» Wichtig sei, nur gute Qualität zu Mondholz zu verarbeiten. Verbessern könne der Mond nichts. Buchsiges Holz verziehe sich auch, wenn es bei abnehmendem Mond im Winter geerntet wurde.

Mondholzüberbauungen am Entstehen

Wie ruhig sich richtiges Mondholz  verhält, weiss Dario Cadonau, Geschäftsführer des Fünf-Sterne-Superior-Hotels In Lain in Brail (GR). Bereits vor 14 Jahren verbaute der Hotelier mit seinem Bruder Marco Cadonau, Geschäftsführer der In-Lain-Holzmanufaktur, 380 Kubikmeter einheimisches Mondholz in sein Hotel. Das Holz für den edlen Massivholzbau stammt aus den benachbarten Wäldern. «Wir verwendeten Arven-Mondholz und Lärchenholz für fast alles im Hotel: vom Boden über die Ankleide bis hin zum Bett», erläutert Hotelier Dario Cadonau. Er ist überzeugt von der Qualität des Mondholzes: «Es ist unglaublich ruhiges Holz. Auch nach 13 Jahren ist nichts verzogen, keine einzige Türe quietscht.» Diese Qualität hat seinen Preis: Während normales Arvenholz 1650 Franken pro Kubikmeter kostet, bezahlt man für dieselbe Menge Mondholz 250 Franken mehr. Die Holzmanufaktur In Lain verarbeitet jährlich um die 40 Kubikmeter dieses Holzes.

In der Siedlung Appenzeller Huus in Gonten (AR) werden 6000 Kubikmeter Holz aus den umliegenden Wäldern verbaut, welche in einer günstigen Mondphase geerntet wurden. Unter dieser Dachmarke entstehen drei Hotels mit verschiedenen Standards, dazu eine exklusive ganzjährige Wellness-Destination, ein Veranstaltungszentrum sowie Serviced-Eigentumsapartments. Jan Schoch investiert in dieses Gesamtprojekt 120 Millionen Franken. Und in Obermeilen (ZH) verbaut die Stiftung St. Burkwil 4000 Kubik Mondholz in eine Massivholzüberbauung, welche aus 100 Wohnungen in sechs Gebäuden besteht. 

 

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